Author
Arthur Schultek Inhaber von AS Immobilien Wiesbaden
Arthur Schultek

Erbschaft

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Arthur Schultek Inhaber von AS Immobilien Wiesbaden
Arthur Schultek
Immobilien Erbfall, was nun - Annehmen Ausschlagen und Fristen
Immobilien Erbfall, was nun - Annehmen Ausschlagen und Fristen

Eine Immobilienerbschaft kann Chance und Belastung sein. Immer Fristen, rechtliche und steuerliche Vorgaben beachten.

Überblick

  • Worum geht’s?
    Was Erben in Wiesbaden/Hessen bei einer geerbten Immobilie wissen und in welcher Reihenfolge sie handeln sollten.
  • Für wen?
    Privatpersonen ohne tiefe Vorkenntnisse.
  • Wichtige Fristen:
    6 Wochen (Annahme/Ausschlagung), 3 Monate (Meldung ans Finanzamt), 2 Jahre (kostenfreie Grundbuchberichtigung).
  • Kernthemen:
    Wer erbt? Erbschein/Grundbuch, Erbschaftsteuer & Freibeträge, Wertermittlung, Optionen (Eigennutzung/Vermietung/Verkauf), Erbengemeinschaft.
  • Ziel:
    Ruhige, klare Entscheidungen treffen und Fehler vermeiden, die Geld kosten.


Der Erbfall: Erst ordnen, dann entscheiden

Ein Erbfall ist emotional. Gleichzeitig laufen Fristen. Der wichtigste Schritt am Anfang: Ruhe bewahren, Informationen sammeln, Reihenfolge einhalten. In Hessen ist das Nachlassgericht das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen. Dort wird auch ein Testament eröffnet, falls vorhanden.

Wer erbt? Gesetzliche Erbfolge und Testament im Kurzüberblick

  • Gibt es ein Testament oder einen Erbvertrag? Dann gilt das dort Geregelte. Zuständig: Nachlassgericht (Amtsgericht).
  • Gibt es kein Testament? Dann greift die gesetzliche Erbfolge. Ehepartner und Kinder erben zuerst. Ohne Kinder geht der Anteil an Eltern/Geschwister (vereinfacht dargestellt).
  • Erbengemeinschaft: Wenn mehrere Personen erben, müssen wichtige Entscheidungen gemeinsam getroffen werden (z. B. Verkauf). Einstimmigkeit ist in vielen Punkten nötig – das kann dauern. Deshalb früh klären: Ziele, Zeitschienen, Liquidität.

Annehmen oder ausschlagen? Die 6‑Wochen-Frist

  • Frist: 6 Wochen ab Kenntnis der Erbenstellung (im Ausland: meist 6 Monate).
  • Ausschlagung ist sinnvoll, wenn Schulden/Belastungen den Nachlasswert übersteigen.
  • Annahme ist auch durch „Schweigen“ oder faktisches Handeln möglich (z. B. Miete vereinnahmen). Wer unsicher ist, sollte vor jeder Handlung rechtlichen Rat einholen.
  • Tipp: Bei unklaren Verbindlichkeiten kann die „Dreimonatseinrede“ Liquiditätspausen schaffen; auch eine Nachlassverwaltung/Nachlassinsolvenz kann in Extremfällen sinnvoll sein. Dafür bitte anwaltlich beraten lassen.

Erbschein und Grundbuch in Hessen

  • Erbschein: Nachweis, wer Erbe ist. Beantragung beim Amtsgericht (Nachlassgericht) des letzten Wohnsitzes des Erblassers. Gebühren richten sich nach Nachlasswert.
  • Grundbuchberichtigung: Als Erbe werden Sie im Grundbuch eingetragen. In Deutschland ist die Grundbuchberichtigung für Erben bis 2 Jahre ab Erbfall gebührenfrei. Danach fallen Gebühren an (Wert der Immobilie maßgeblich). Zuständig: Grundbuchamt (bei den Amtsgerichten).
  • Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt: Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts oder Erbschein; bei eindeutiger Testamentslage reicht oft das Eröffnungsprotokoll.

Erbschaftsteuer in Hessen: Freibeträge und Fristen

  • Meldung ans Finanzamt: Schriftlich innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis vom Erbfall. Zuständig ist das Erbschaftsteuer-Finanzamt (in Hessen zentral organisiert; dein Wohnsitz-Finanzamt informiert i. d. R. weiter).
  • Freibeträge (Auszug): Ehe-/Lebenspartner 500.000 €, Kinder 400.000 €, Enkel 200.000 €, Eltern/Großeltern (bei Erwerb von Todes wegen) 100.000 €, Geschwister/Nichten/Neffen/Stiefeltern 20.000 €, Nicht-Verwandte 20.000 €.
  • Selbstnutzung kann steuerfrei sein (vereinfachter Überblick):
    • Ehe-/Lebenspartner: Selbstnutzung ohne Flächenobergrenze möglich (weitere Bedingungen beachten).
    • Kinder: Steuerfrei bis 200 m² Wohnfläche, wenn sie 10 Jahre selbst darin wohnen.
    • Vorsicht: Bei vorzeitigem Auszug/Verkauf fällt die Steuer nachträglich an.
  • Wertermittlung fürs Finanzamt: Das Finanzamt bewertet nach gesetzlichen Verfahren. Ein eigenes, fachlich stichhaltiges Gutachten kann sinnvoll sein (z. B. bei Renovierungsstau), um den Wert realistisch zu belegen.


Bewertung: So finden Sie den realistischen Marktwert

Warum das wichtig ist:

  • Zu hoch = lange Vermarktung, Preisabschläge später.
  • Zu niedrig = Geld verschenkt.

Wie vorgehen:

  • Objektive Wertermittlung: Lage (Mikro/Makro), Baujahr, Zustand, Modernisierungen, Energieeffizienz, Grundriss, Außenanlagen, rechtliche Aspekte (z. B. Erbbaurecht, Nießbrauch, Wohnrechte).
  • Verfahren: Vergleichswert (ETW/EFH in homogenen Lagen), Ertragswert (Mehrfamilienhaus/vermietete Objekte), Sachwert (individuelle Objekte, wo Vergleichswerte fehlen). In der Praxis wird oft kombiniert.
  • Unterlagen sammeln: Grundbuchauszug, Flurkarte, Bauunterlagen, Wohn-/Nutzflächenberechnung, Energieausweis, Mietverträge, Protokolle/ Wirtschaftsplan (bei WEG), Nachweise zu Modernisierungen.


Optionen nach der Bewertung: Eigennutzung, Vermietung oder Verkauf

Eigennutzung:

  • Vorteil: Keine Vermieterpflichten, evtl. steuerliche Vorteile (s. oben).
  • Nachteil: Passt die Immobilie zu Budget/Lage/Alltag? Folgekosten beachten (Instandhaltung, energetische Sanierung).

Vermietung:

  • Vorteil: Laufende Mieteinnahmen, ggf. spätere Wertsteigerung.
  • Nachteil: Vermietete Immobilien verkaufen sich oft schwerer und teils günstiger als leerstehende. Laufende Pflichten: Instandhaltung, Neuvermietung, Nebenkostenabrechnung, Mietrecht.
  • Wichtig: Bei bestehenden Mietverhältnissen gilt „Kauf bricht nicht Miete“ – der Mietvertrag bleibt bei Eigentümerwechsel bestehen. Kündigungsfristen/Sperrfristen für Eigenbedarf beachten.

Verkauf:

  • Vorteil: Sofortige Liquidität, keine laufenden Pflichten, klare Trennung innerhalb einer Erbengemeinschaft möglich (Streitprävention).
  • Timing: Marktumfeld, Jahreszeit, Objektzustand. Leere, gepflegte Objekte mit guter Fotografie und vollständigen Unterlagen verkaufen meist schneller.
  • Rechtliches/Steuern: Spekulationssteuer fällt beim Erbverkauf in der Regel nicht an, weil die Frist des Erblassers „mitzählt“. Wurde die Immobilie vom Erblasser im Jahr des Verkaufs und in den zwei Vorjahren selbst bewohnt, ist ein Verkauf meist steuerfrei. Bitte steuerlich prüfen.

Erbengemeinschaft: Einigung oder Eskalation vermeiden

Ziel in einer Erbengemeinschaft ist es, sich gemeinsam darauf zu einigen, wie die Immobilie genutzt werden soll – ob Eigennutzung, Vermietung oder Verkauf. Diese Einigung sollte möglichst früh getroffen und unbedingt schriftlich festgehalten werden, damit alle Beteiligten Klarheit haben und spätere Missverständnisse oder Streit vermieden werden.

Optionen:

  • Einer übernimmt: Auszahlen der Miterben zu fair ermitteltem Wert, notariell absichern.
  • Verkauf am Markt: Neutraler Verkauf vermeidet Vorwürfe (Vorteile: Transparenz, Vergleichsangebote).
  • Teilungsversteigerung: Möglich, aber oft deutlich unter Marktwert und mit Kosten/Verzögerungen verbunden. Nur als letztes Mittel sinnvoll.

Hessen-spezifische Praxis-Hinweise

In Hessen ist beim Erbfall das Nachlassgericht am letzten Wohnsitz der verstorbenen Person zuständig. Das ist das jeweilige Amtsgericht. Dort wird ein vorhandenes Testament eröffnet und auf Wunsch auch der Erbschein ausgestellt, mit dem Sie Ihre Erbenstellung nachweisen können.
Für die Eintragung als neue Eigentümerin oder neuer Eigentümer ist anschließend das Grundbuchamt zuständig, das ebenfalls bei den Amtsgerichten angesiedelt ist. In Wiesbaden ist das das Amtsgericht Wiesbaden.

Wenn Sie die Immobilie verkaufen möchten, brauchst Sie in der Regel einen gültigen Energieausweis. Es gibt Ausnahmen, etwa bei denkmalgeschützten Gebäuden, aber das sollte man vorher konkret prüfen.
Apropos Denkmalschutz: In einigen Straßenzügen und Quartieren in Wiesbaden gelten Denkmalschutz oder eine Erhaltungssatzung. Das kann Vorgaben für Umbauten und Fassaden machen, bietet im Gegenzug aber teilweise auch steuerliche Vorteile (zum Beispiel besondere Abschreibungsmöglichkeiten). Deshalb lohnt es sich, früh zu klären, ob Ihr Objekt darunter fällt und welche Folgen das für Renovierungen, Sanierungen und den Verkauf hat.


Erste Hilfe Fahrplan

  • Sofort bis Woche 1:
    • Testament/Erbvertrag suchen; Nachlassgericht kontaktieren.
    • Post sichern, Verträge/Mietverhältnisse sichten, Zahlungen stoppen/prüfen.
    • Bestandsaufnahme: Schulden, Kredite, laufende Kosten (Grundsteuer, Hausgeld, Versorger).
  • Bis Woche 2–3:
    • Entscheidung vorbereiten: Annahme oder Ausschlagung (Frist 6 Wochen).
    • Grobe Werteinschätzung einholen; Unterlagenliste starten.
    • Bei unklaren Schulden: Rechtliche Beratung (Nachlassinsolvenz/Dreimonatseinrede prüfen).
  • Bis Woche 6:
    • Ausschlagung (falls nötig) beim Nachlassgericht erklären.
    • Ansonsten: Erbschein beantragen (falls benötigt), Grundbuchberichtigung planen.
  • Bis Monat 3:
    • Erbfall dem Finanzamt schriftlich melden.
    • Bewertung/Marktanalyse vertiefen, Verkaufs-/Vermietungsstrategie festlegen.
  • Bis Monat 6:
    • Fehlende Unterlagen beschaffen (Grundbuchauszug, Energieausweis, WEG-Unterlagen).
    • Bei Verkauf: Exposé, Fotografie, Vermarktungsstart. Bei Vermietung: Mieterauswahl, Bonität, Mietvertrag.
  • Bis Jahr 2:
    • Grundbuchberichtigung gebührenfrei erledigen.
      Hinweis: Fristen können je Einzelfall abweichen. Fachliche Prüfung empfohlen.


Unterlagen Checkliste

  • Identität/Nachweis Erbenstellung: Personalausweis, Eröffnungsprotokoll, Erbschein (falls nötig)
  • Recht/Grundstück: Grundbuchauszug, Flurkarte, Baulasten-/Altlastenauskunft
  • Gebäude: Baujahr, Baupläne, Wohn-/Nutzflächenberechnung, Energieausweis, Modernisierungsnachweise
  • Finanzen: Offene Kredite, Grundschuldbriefe, Grundsteuerbescheid, Versicherungen
  • WEG (bei ETW): Teilungserklärung, Aufteilungsplan, Protokolle der Eigentümerversammlungen, Wirtschaftsplan, Rücklagenstand
  • Miete: Mietverträge, Übergabeprotokolle, Mietenhöhe/NK-Abrechnung, Mietrückstände

Wichtiger Hinweis (Disclaimer)

Dieser Beitrag ersetzt keine Rechts- oder Steuerberatung. Entscheidungen zu Annahme/Ausschlagung, Erbschein, Grundbuch, Steuern, Mietrecht und Teilungsversteigerung sollten mit Fachanwältinnen/Fachanwälten, Notarinnen/Notaren oder Steuerberaterinnen/Steuerberatern abgestimmt werden. Angaben beziehen sich auf Deutschland/Hessen und sind zusammengefasst dargestellt.